Utopiae Antiquae oder die Sehnsucht nach der perfekten Welt
| Dauer | 3 bis 4 Unterrichtseinheiten |
| Schulstufe | ab der 11. Schulstufe, L6/L4 |
| Methodisch-didaktische Hinweise | Im Zentrum des Unterrichtsbeispiels steht die Erschließung und Interpretation einer zentralen Passage von Vergils 4. Ekloge. Die anschließenden Aufgaben berücksichtigen Analyse- und Interpretationskonzepte der Alten Sprachen, um neben der Reflexion utopischer Inhalte auch die Anforderungen der schriftlichen und/oder mündlichen Reifeprüfung einzubeziehen. Eine vorausgehende oder begleitende Beschäftigung mit den historischen Hintergründen der Texte sowie mit zentralen utopischen Konzepten der Antike1 wird empfohlen. |
| Materialien | Arbeitsblätter |
| Lehrplanbezug | Latein, Psychologie und Philosophie |
| Quelle/Autorin | Autorin: Margot Anglmayer-Geelhaar |
| Aktualisiert | 1.12.2025 |
Ablaufbeschreibung
Thematische Hinführung
Im Kontext seiner Kulturentstehungslehre etablierte Hesiod (op. 109–126) das Ideal eines "Goldenen Geschlechts", das ein einfaches und glückliches Leben auf einer frühen, "natürlichen" Entwicklungsstufe geführt habe (sog. Retrospektionsutopie). Obwohl z.B. mit Platons Atlantis-Mythos für die griechische Antike auch eine staatsutopische Schrift vorliegt, wurde in der römischen Literatur primär der von Hesiod etablierte Utopietyp aufgegriffen und verarbeitet. Vor dem Hintergrund der andauernden Bürgerkriege in der späten Republik beschworen Vergil (ecl. 4) und Horaz (ep. 16) das Ideal der Goldenen Zeit. Vergil tat dies, indem er in Gestalt eines Propheten die Geburt eines göttlichen Knaben ankündigte, durch den die Kämpfe allmählich zu einem Ende kämen und die aurea aetas wiederkehre (sog. Erlösungsutopie). Das lyrische Ich des Horaz
entwarf den Plan für eine Auswanderung zur "Insel der Seligen", auf der Jupiter das Goldene Zeitalter wie in einer Enklave bewahrt habe. Die Utopie präsentiert sich bei Horaz also als "Exodus aus Zeit und Raum". Die dadurch zum Ausdruck gebrachte Sehnsucht nach einem ruhigen und friedvollen Leben nutzte Augustus für seine Propaganda.
Phase 1 besteht im inhaltlichen und formalen Erschließen des Texts (A1 & M1), wobei hier statt der üblichen Einzel- bzw. Partnerarbeit auch eine Bearbeitung des Gedichts in drei (Klein-)Gruppen denkbar ist, die je einen Absatz des Gedichts übersetzen und den Inhalt anschließend im Plenum vorstellen.
In Phase 2 erfolgt die Lösung der Arbeitsaufgaben (A2 mit M2), die die SchülerInnen zu einer aktiven Auseinandersetzung mit dem utopischen Inhalt der Texte und dem Entwurf eigener utopischer Konzepte für die Gegenwart anregen soll.
In der dritten Phase werden die bearbeiteten Texte mit dem Bildprogramm (bzw. einem zentralen Relief, M3) der "Ara pacis" in Beziehung gesetzt, wobei die Arbeitsaufgaben (A3) und die Bildinterpretation (M4) dazu dienen sollen, einen differenzierten Blick auf die Politik des Augustus zu entwickeln.
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1 Beispielsweise in: Anglmayer-Geelhaar, M. (2024). Utopiae antiquae. Die Sehnsucht nach der perfekten Welt als Thema für den altsprachlichen Unterricht. In H. Ammerer et al., Utopien im Unterricht. Theoretische Verortungen – Fächerperspektiven – praktische Beispiele (S. 97–110). Waxmann.
